Ausrücken bei Nacht und Nebel, Verletzte und manchmal auch Tote bergen aus unwegsamem Gelände, dabei die eigene Gesundheit riskieren und das alles ehrenamtlich – dies zählt zum Alltagsgeschäft der Frauen und Männer der Bergwachtbereitschaft Ramsau. Interessierte Mitglieder der Talkessel-SPD ließen sich vom Pressereferent Michael Renner und dem Ausbildungsleiter Lukas Wurm über die Organisation, Ausbildung, Anforderungen, Einsätze und auch Probleme der Bergwacht berichten.
Ihr Arbeitsgebiet umfasst die Gebirgsstöcke Reiteralm, Hochkalter und weite Teile des Watzmanns, inklusive der Watzmann-Ostwand, ausnahmslos hochalpine Einsatzorte. Die mehr als 50 größtenteils aktiven Mitglieder, darunter sechs Frauen – eine durchaus beachtliche Zahl für eine kleine Gemeinde – können sich über einen Mangel an Einsätzen sicher nicht beklagen. Im letzten Jahr waren es 131 Einsätze, überwiegend in den Sommermonaten. Diese Zunahme an Verunfallten oder manchmal auch von „Blockierten“, die einfach psychisch oder auch physisch am Limit sind, hat sicherlich auch mit den oftmals verharmlosenden Beiträgen im Netz bzw. über Social Media zu tun, erklärte Renner. „Die Watzmann-Überschreitung als Anfängerin“ auf YouTube beispielsweise, aber auch Beiträge über Bergläufe über den Watzmanngrat vermitteln oftmals unrealistische Eindrücke über die Wahren alpinen Anforderungen. Doch der Hauptgrund für die steigenden Einsatzfälle liege, wie Lukas Wurm bestätigt, vor allem an immer mehr Menschen, die ihre Freizeit und Urlaube in den Bergen verbringen. Dabei sei die Dankbarkeit der Geretteten, anders als oft marktschreierisch verbreitet, in den allermeisten Fällen sehr groß und zeige sich auch in der Spendenbereitschaft.
Die Einsatzbereitschaft sei rund um die Uhr gewährleistet, erklärte Michael Renner auf Nachfrage. Ganz gleich ob es sich um Bergwanderer mit Kreislaufproblemen im Hirschbichltal handle oder um eine Rettungsaktion nach einem Wettersturz mit Neuschnee am Hochkalter oder am Watzmann handelt, die jeweilige Rettungsmannschaft steht bereit.
Kathi Huber interessierte sich um die Finanzierung solcher gigantischer Rettungsaktionen und musste erstaunt zur Kenntnis nehmen, dass der Höchstsatz für einen Bergrettungseinsatz 1300 Euro betrage, egal wie aufwändig dieser sei. „Jeder Einsatz ist ein Minusgeschäft“, merkte Renner augenzwinkernd an. Ihr Etat setze sich zu 50 Prozent aus Spenden, zu 25 Prozent aus Staatszuschüssen und zu 20 Prozent aus Eigenmitteln zusammen. Hinzu komme die Unterstützung der Gemeinde Ramsau, u.a. durch die kostenlose Bereitstellung von Räumlichkeiten.
Auch die Frage, ob dieser hochprofessionelle und rettungstechnisch wie medizinisch anspruchsvolle Dienst langfristig rein ehrenamtlich geleistet werden kann, wurde von der Bürgermeister-Stellvertreterin Elisabeth Rasp aufgeworfen. Auch wenn man manchmal an gewisse Grenzen stoße, so Renner, wolle man an der Ehrenamtlichkeit nicht rütteln, weil das mitmenschliche Engagement der Bergwachtmitglieder, aber auch die Bereitschaft der Arbeitgeber, diese im Einsatzfall freizustellen, sehr hoch sei. Außerdem bestünde auch die Gefahr, dass berufsmäßige Bergretter die Ehrenamtlichen zurückdrängen würden. Ob denn angesichts der ständigen Einsatzbereitschaft eine Zusammenlegung der drei Bergwachtbereitschaften im Talkessel eine logistische Erleichterung bedeuten würde, wollte Klaus Gerlach wissen. Eine solche Kooperation gebe es natürlich bereits und werde im Bedarfsfall aktiviert, doch bedürfe es keiner neuen Großorganisation, um weiterhin erfolgreich verunglückten Bergsteigern zu helfen.
„Natürlich gibt es auch in einer so schlagkräftigen und motivierten Organisation wie der Bergwacht Ramsau das eine oder andere Problem“, fügte der Pressereferent an. So werde es zunehmend schwieriger, Nachwuchskräfte zu rekrutieren, die nach einer zwei- bis dreijährigen Ausbildungszeit im Idealfall als alpine Allrounder umfassend einsatzbar sind. Die demografische Entwicklung, die große Konkurrenz an Vereinen und Hilfsorganisationen, aber auch die eher zurückgehende Bereitschaft, sich langfristig sozial verantwortlich in seiner Freizeit zu binden, führe zu dieser Nachwuchsproblematik. Und natürlich wäre eine verlässlichere Finanzausstattung, aber auch eine flexiblere Fahrzeug- und Materialzuweisung über die Bergwacht Bayern durchaus hilfreich. Weil hochgebirgstaugliche Einsatzfahrzeuge nicht zuwendungsfähig sind, habe man in Eigenregie und über Eigenmittel ein älteres Spezialfahrzeug, den „Pinzgauer“, gekauft und in vielen Stunden einsatzbereit gemacht. Nur über hohe Spendenaufkommen und dank der hohen Arbeitsbereitschaft der Mitglieder habe man sich dieses Fahrzeug leisten können, erklärte Renner.
Angesichts der von Jahr zu Jahr zunehmenden Einsätze und der hohen touristischen Bedeutung des Bergsteigens müsse er eine deutliche Unterfinanzierung der Bergwachtbereitschaft feststellen, resümierte der SPD-Ortsvorsitzende Hans Metzenleitner. Natürlich handle es sich hier nicht um eine kommunale Pflichtaufgabe, wonach eine Finanzierungspflicht abgeleitet werden könne. „Fakt ist aber, dass der gesamte Talkessel-Tourismus und somit alle fünf Gemeinden von den drei Bergwachtbereitschaften Ramsau, Berchtesgaden und Marktschellenberg profitieren“, stellte er fest. Er mahnte daher eine deutlich höhere staatliche Zuwendungsquote an, mochte aber auch die bisher unterschiedlich belasteten fünf Gemeinden nicht aus der Verantwortung entlassen, sich Gedanken über eine leistbare kontinuierliche Mitfinanzierung zu machen, um der Bergwacht ein gewisses Maß an Planungssicherheit zu garantieren.