Leserbrief: Lockdown für Schulen und Kitas: Eine Katastrophe für Schüler und Eltern!

24. Oktober 2020

Nicht nur die Beherbergungsbetriebe und die Gastronomie leiden unter dem faktischen Lockdown über dem Berchtesgadener Land. Es sind mindestens ebenso die Kinder und deren Eltern, die schon wieder auf den geregelten Schulbetrieb verzichten müssen. In kaum einem Politiker-Statement der vergangenen Monate fehlte die Aussage: „Wir haben alle aus dem Lockdown vom Frühjahr gelernt! Die Wirtschaft vertrage keinen zweiten Lockdown und Kitas und Schulen dürften als allerletzte Maßnahme komplett vom Netz genommen werden.“

Leider kam es anders. Bereits in der Woche vor dem Lockdown wurde für die Schulen wieder Schichtunterricht angeordnet und seit vergangenen Dienstag 14 Uhr ist Schicht im Schacht. Dies bedeutet für tausende Kinder mit ihren Eltern nach den äußerst schwierigen Monaten im Frühjahr und Sommer eine weitere extreme familiäre Belastung. Schulen mit ihrem Lehrpersonal haben in den vergangenen Wochen gerade mal wieder den Normalbetrieb geprobt, mit hohem Aufwand Lerndefizite der Schüler aufgearbeitet und sich allmählich wieder an die altersstufengerechte Lehrplanarbeit herangetastet, als bereits am Montagvormittag, vor der Sitzung des örtlichen Krisenstabs, vom bayerischen Ministerpräsidenten der Lockdown für BGL ausgerufen worden ist.

Bei den exponentiell steigenden Fallzahlen im Corona-Hotspot Berchtesgadener Land musste natürlich gehandelt werden. Vor allem musste es drastische Einschränkungen bei privaten Feiern geben, die nicht unwesentlich zum enormen Anstieg der Corona-Infektionen beigetragen haben. Auch das regional unterschiedliche Vorgehen innerhalb Bayerns macht Sinn. Bei Inzidenzwerten von über 250 musste reagiert werden. Doch bedauerlicherweise folgte dem regional differenzierten Vorgehen kein ebenso wünschenswertes differenziertes Vorgehen in Hinblick auf die Schulen und Kitas. Diese wurden landkreisweit für mindestens zwei Wochen geschlossen:

Distanzunterricht statt Präsenzunterricht! Homeschooling statt Schoollearning! Videokonferenz statt persönlicher Nähe! Natürlich sind alle Schulen mittlerweile besser vorbereitet als im März dieses Jahres. Aber die beste digitale Technik kann den Erstklässlern – und nicht nur diesen – den Klass- und Fachlehrerunterricht vor Ort nur sehr eingeschränkt ersetzen. Und das auch nur, wenn die Eltern tatkräftig mithelfen. Und es sind vor allem die lernschwächeren Kinder, die noch weiter zurückfallen. Die Schere zwischen sehr gut geförderten Kindern und Kindern aus bildungsferneren Kreisen öffnet sich weiter mit bedenklichen Folgen für die weitere soziale Entwicklung und die generelle Ausbildungsfähigkeit mit negativen Folgen für den Arbeitsmarkt.

Uns allen muss klar sein, dass uns Covid-19 noch längere Zeit intensiv beschäftigen wird. Maskenpflicht, strenge Hygienevorschriften, Abstandsregeln und vor allen Dingen auch strikte Einschränkungen bei privaten und öffentlichen Zusammenkünften werden und müssen aktuell unser Alltagsleben bestimmen, um die Infektionszahlen wieder auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Weil aber Schulen und Kitas bisher nicht als „Virenschleudern“ auffällig geworden sind, kann es nur heißen: Öffnen wir Schulen und Kitas unter Beibehaltung strenger Hygienemaßnahmen so rasch wie möglich wieder! Und versuchen wir künftig selektiv und zielgenau vorzugehen, um komplette landkreisweite Schulschließungen zu vermeiden.

Ein zweiter längerer Lockdown würde nicht nur der Wirtschaft das Genick brechen.

Hans Metzenleitner SPD-Gemeinde- und Kreisrat Hochkalterstraße 12 83483 Bischofswiesen

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