Schwerpunkt Umweltbildung – Arbeit mit Schulen wird immer wichtiger! SPD-Vertreter sprachen mit Nationalparkchef Dr. Roland Baier

05. Dezember 2022

SPD-Vertreter aus dem Talkessel sowie aus dem Kreisverband, darunter Landtagskandidat Markus Aicher, trafen sich mit dem Chef der Nationalparkverwaltung, Dr. Roland Baier, im Haus der Berge zu einem aktuellen Meinungsaustausch. SPD Ortsvorsitzender Hans Metzenleitner bat den Nationalparkchef zunächst um eine aktuelle Standortbestimmung, um im Anschluss daran auch kontroverse Themen zu debattieren, vom geplanten Ausbau des Kührointhauses bis zu den juristischen Auseinadersetzungen mit dem Verein „Wildes Bayern“.

Nationalpark 2022
SPD-Vertreter informierten sich im Haus der Berge aus erster Hand über den einzigen und einzigartigen Alpen-Nationalpark in Deutschland. v.l.n.r.: Friederike Wurm, 3. Bürgermeisterin Elisabeth Rasp, Christian Metzenleitner, SPD-Kreisvorsitzende Susanne Aigner mit Tochter, SPD-Fraktionssprecher im Kreistag Roman Niederberger, Georg Aschauer, SPD-Landtagskandidat Markus Aicher, Nationalparkchef Dr. Roland Baier, Marktgemeinderätin Katharina Mittner, Gemeinderat Hans Metzenleitner, Bartl Mittner

„Von den 16 Nationalparks in Deutschland gibt es nur einen Alpen-Nationalpark – und der ist unser 21 000 Hektar großer Nationalpark rund um Königssee und Watzmann“, erklärte Dr. Baier. Man müsse den damaligen Landespolitikern heute noch dankbar sein, diese großartige Idee trotz erheblicher Widerstände durchgesetzt zu haben. Es wurde daran erinnert, dass damit Natur und Landschaft zerstörende Projekte wie die Watzmann-Seilbahn oder die Erschließung der Jenner-Südseite ein für allemal verhindert werden konnten. Metzenleitner erinnerte daran, wie sehr diese Nationalparkidee damals die Gemüter erhitzte und freute sich, dass heute nach über 40 Jahren der Park nicht nur zum touristischen Vorzeigeprojekt wurde, sondern auch der ökologische und naturschützerische Wert anerkannt wird. Und damit auch die übergeordnete Zielsetzung, den Schutz der gesamten Natur zu garantieren und auf jegliche wirtschaftsbestimmte Nutzung zu verzichten. Davon ausgenommen sind die derzeit 48 almberechtigten Bauern, die seit Langem 25 Almen bewirtschaften sowie die meist vom Deutschen Alpenverein betriebenen Schutzhütten. Dies korrespondiere auch mit dem Leitbild, einerseits die Natur sich weitgehend selbst zu überlassen, andererseits aber den Menschen Zugang zu der einzigartigen Hochgebirgsnatur zu ermöglichen.

„Es geht ja neben der Forschung und der Umweltbildung ebenso um die Erholung“, erläuterte Dr. Baier die Hauptziele. Und bisher gab es trotz aktiver Besucherlenkungsaktionen noch kein Wegegebot oder gar Sperrzonen für Bergwanderer, Kletterer oder Skibergsteiger. Einzige Ausnahme: Die auf fünf Jahre befristete Sperrung des Königsbachwasserfalls mit dem berühmt-berüchtigten „Infinity-Pool“. Um die 300 Besucher pro Tag besuchten in den Sommermonaten 2020 den Wasserfall und verursachten schwere Vegetationsschäden an geschützten Arten. Der Nationalparkchef zeigte sich zuversichtlich, nach den fünf Jahren der Naturerholung auf die vollständige Sperrung wieder verzichten zu können.

So wie sich der Hype um den „Infinity-Pool“ mittels Social-Media ungebremst verbreiten konnte, so kämpfe man auch mehr und mehr mit den verschiedensten digitalen Tourenportalen, die ohne Rücksicht auf die Natur und teils ohne jegliche fachliche Qualitätskontrolle auch die entlegensten Steige und Tourenziele einem breiteren Publikum anpreisen. Mithilfe geschulter „Digital-Ranger“ versuche man, solche Tourenportale kritisch zu durchforsten. Doch nicht immer gelinge es, in Kontakt mit den Autoren zu treten, um bestimmte Tourenvorschläge löschen zu lassen. „Wir freuen uns natürlich über das große Besucherinteresse an unserem Nationalpark, wollen aber mit gezielten Besucherlenkungsmaßnahmen wichtige Ruhezonen für Flora und Fauna bewahren“, erklärte Dr. Baier. Er verwies zu Recht auch auf die 75 Prozent der Parkfläche, die als Kernzone von touristischer Vermarktung frei bleiben müsse.

Roman Niederberger, SPD-Fraktionssprecher im Kreistag, zeigte sich stark beeindruckt von den umfangreichen und vielfältigen Forschungsprojekten, die insbesondere auch auf die Folgen des Klimawandels im Hochgebirge wichtige Beiträge lieferten. Dr. Baier freute sich, dass man durch die seit 2019 bestehende Kooperation mit der TU München über mehr Personal und noch stärkerer wissenschaftlicher Anbindung an eine der führenden Hochschulen verfüge. Eine Reihe wissenschaftlicher Veröffentlichungen, beispielsweise zur Almenbewirtschaftung in Zeiten des Klimawandels, zur Waldverjüngung oder zur Erfassung der Biodiversität stoße auf großes internationales Interesse.

Auch die Umweltbildung, die bereits jetzt einen hohen Stellenwert einnimmt, soll nach den Worten des Nationalparkchefs noch intensiviert werden. Zu den mobilen Bildungsangeboten im Nationalpark und den festen Einrichtungen soll nach der neuen Infostelle auf dem Jenner auch eine weitere Infostelle in St. Bartholomä zum Thema „Wasser“ errichtet werden. Durch die vielfältigen Angebote rund um das Haus der Berge, aber auch durch Exkursionen in der Natur mit allen Altersgruppen, verfügt der Nationalpark über das Qualitätssiegel „Umweltbildung Bayern“. In Kooperation mit der Biosphärenregion BGL werden derzeit immer mehr Partnerschulprojekte organisiert mit Schulen aus der Region. Christian Metzenleitner, Mittelschullehrer in Bischofswiesen, berichtete von einer kürzlich durchgeführten Fortbildungsveranstaltung, in der die künftige noch engere Zusammenarbeit zwischen Biosphäre, Nationalpark und Partnerschule thematisiert und Projekte geplant worden sind. Dies gelte es zu standardisieren, um Kinder und Jugendliche für den Schutz, aber auch für den landschaftlichen Schatz dieser Modellregion für nachhaltige Entwicklung zu sensibilisieren. Landtagskandidat und Sozialpädagoge Markus Aicher bezeichnete diese Bildungsangebote als vorbildlich und regte lediglich an, auch noch weitere frühkindliche Angebote zu schaffen.

In der Diskussionsrunde ging es vor allem um den Verein „Wildes Bayern“, um den Wegebau, um bestimmte Radfahrrouten und um den geplanten Ausbau des Kührointhauses der Bundespolizei. Die SPD-Vertreter waren sich mit dem Nationalparkchef einig, dass die Größenordnung des Ausbaus zu einem negativen Präzedenzfall innerhalb des Nationalparks mit dem weltweit höchsten Schutzcharakter werden könne. Besonders staatliche Einrichtungen sollten bei solchen Baumaßnahmen Vorbildcharakter zeigen. Auch die Gefahr einer weiteren Verkehrszunahme auf dem Weg nach Kühroint sei nicht von der Hand zu weisen. Die Vorwürfe des Vereins „Wildes Bayern“, wonach Schonzeiten aufgehoben worden seien und der hohe Jagddruck die Gämsenpopulation gefährde, seien völlig aus der Luft gegriffen. Auf drei Viertel der Fläche finde ganzjährig keine Wildregulierung statt. Und die aktuelle Wildbiologische Forschung bezeichnet den Bestand mit rund 2000 Gämsen im Nationalpark als sehr stabil. Hans Metzenleitner bezeichnete das wiederholte gerichtliche Vorgehen des Vereins gegenüber dem Nationalpark als rechthaberische Farce, das der Natur bestimmt nicht helfe.

Naturschutzorganisationen sollten eigentlich kooperieren und ihre Kräfte bündeln. Dies gelte übrigens auch für den Deutschen Alpenverein, der nach seiner Erfahrung stets eng und erfolgreich mit den jeweiligen Verantwortlichen des Nationalparks zusammengearbeitet habe, auch wenn das eine oder andere Wegeprojekt mal nicht sofort saniert werden konnte. „Der Kaunersteig von Salet auf die Gotzenalm ist jedenfalls wieder bestens hergerichtet!“ freute sich der Ortsvorsitzende.

Teilen