Beim Gebirgsjägerbataillon 232 in der Jägerkaserne Strub ist zur Zeit vieles im Umbruch. Das betrifft die Baumaßnahmen im Standort gleichermaßen wie die an einem veränderten Einsatzspektrum ausgerichtete Ausbildung und Einsatzplanung für die Soldaten. Grund genug für die heimische SPD, dem Bataillon wieder einmal einen Besuch abzustatten, um sich aus erster Hand zu informieren zu lassen.
Die Vorstandschaft der Berchtesgadener SPD und der Kreis-SPD sowie Mandatsträger aus dem südlichen Landkreis und dem Kreistag trafen sich daher mit dem Kommandeur des Gebirgsjägerbataillons 232, Oberstleutnant Sebastian Becker, und seinem Standortfeldwebel, Stabsfeldwebel Stefan Senoner, im Offizierheim der Jägerkaserne zu Vortrag und Diskussion über die aktuelle Lage.
In seinem Grundsatzvortrag nahm der Bataillonskommandeur zunächst Bezug auf die im Weißbuch von 2016 beschriebenen sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen für den Streitkräfteeinsatz. Das Bataillon gehört in diesem Einsatzspektrum im Großverband der Gebirgsjägerbrigade 23 zu den „leicht beweglichen Kräften“ und wird daher konsequenterweise künftig auch organisatorisch aus der 10. Panzerdivision in Veitshöchheim ausgegliedert und der Division leichtbewegliche Kräfte in Stadtallendorf unterstellt.
Gebirgsjäger müssen in erster Linie für den Kampf in schwierigem Gelände und unter extremen Witterungsbedingungen geeignet sein. Mit diesem Fähigkeitsprofil sind Gebirgsjäger für das Heer unverzichtbar – der Standort in der Strub wird deshalb auch künftig sicher sein.
Seit 1994 war das Bataillon mit NATO oder UN – Mandat auf den verschiedensten Plätzen im Einsatz: Kosovo, Bosnien und Herzegowina, Afghanistan, Mali. Durch die geänderten sicherheitspolitischen Bedingungen stehen jetzt aber auch wieder Einsätze und Übungen zur Bündnisverteidigung stärker im Vordergrund. Zusammen mit anderen Bündnispartnern wird es darauf ankommen, Präsenz und damit Solidarität im Bündnis vor allem in den osteuropäischen Ländern zu zeigen. Von ganz besonderer Bedeutung wird aber auch die bereits seit einiger Zeit praktizierte Zusammenarbeit mit den norwegischen Streitkräften zum Schutz der Nordflanke des Bündnisses sein. Eine Aufgabe, die dem Fähigkeitsprofil unserer Gebirgsjäger ganz besonders entspricht. Bereits im letzten Winter hat man dort geübt und wird das auch im kommenden wieder in Bataillonsstärke tun.
Die Streitkräfte wurden in den letzten Jahrzehnten politisch vernachlässigt. Sie standen deshalb zu Beginn der Ukraine-Krise „blank“ da, wie dies der Inspekteur des Heeres ausdrückte. Das ist in gewisser Weise politisch auch nachvollziehbar, denn Deutschland war ja „von Freunden umzingelt“. Jetzt muss dringend nachgerüstet werden, denn es fehlt an allen Ecken: Mangel an Helmen, Splitterschutzwesten, Nachtsichtgeräten, Funkgeräten, aber auch an Hubschraubern, Schiffen und Flugzeugen, Die Beschaffung wird Jahre dauern und 100 Milliarden Euro „Sondervermögen“, die für diesen Zweck ausgelobt wurden, hören sich viel an, sind aber auch schnell verbraucht, wenn man bedenkt, dass allein 20 Prozent davon in die Befüllung der Depotbestände gehen müssen. Auch das Bataillon hat z.B. bei Großgerät vor allem Bedarf für ein kampffähiges Überschneefahrzeug, das Combat All Terrain Vehicle (CATV) , das auch mit Blick auf den Norwegeneinsatz dringend gebraucht wird.
Das Bataillon hat voll aufgefüllt einen Personalumfang von 1179 Soldaten und ist in 7 Kompanien gegliedert, von denen die 7. Kompanie nicht aktiv ist und erforderlichenfalls mit Reservisten aufgefüllt werden soll. 2 Kompanien werden bereits von Frauen geführt, wobei der Frauenanteil im Bataillon insgesamt derzeit bei rund 20 Prozent liegt. Bei der Personalgewinnung steht das Bataillon in harter Konkurrenz mit anderen Bedarfsträgern auf einem immer knapper werdenden freien Markt, eine fordernde Aufgabe! Auf Nachfrage von Hans Metzenleitner räumte der Kommandeur ein, dass insbesondere aus dem Nahbereich des Standortes nur wenig Personal gewonnen werden kann. Dabei bietet der Soldatenberuf in einem Gebirgsjägerbataillon gerade jungen Menschen, die in den Bergen groß geworden sind, vielfältige und attraktive Verwendungsmöglichkeiten mit einer durchaus auch guten Bezahlung. Oberstleutnant Becker erwähnte als ein Beispiel, dass von derzeit 20 neu gewonnenen Offizieranwärtern im Bataillon leider nur zwei aus Orten südlich der Donau kommen, der Rest kommt von überall aus ganz Deutschland.
Der Kommandeur nannte hier Beispiele, die aufzeigen, dass diese Aufgabe in der Vergangenheit immer geräuschlos, effektiv und mit den verfügbaren und geeigneten Kräften erfolgreich praktiziert wurde. Als Beispiele nannte er: 2014 Einsatz bei der Rettungsaktion „Riesending-Höhle“, 2015 Unterstützung zur Bewältigung der Flüchtlingskrise, 2019 Dächerräumen bei der Schneekatastrophe, 2020- 2022 Unterstützung des öffentlichen Dienstes bei der Corona-Krise, 2021 Unterstützung beim Starkregenereignis in der Schönau. Auch hierzu gab es Rückmeldungen aus dem Besucherkreis. Friederike Wurm merkte an, wie wichtig für die Einsatzkräfte bei der Riesending-Aktion der zentrale Sammelraum der Kaserne nicht nur logistisch , sondern auch ein Hort der Ruhe bei dem irren öffentlichen Interesse gewesen sei. Ihr Mann war mit der Bergwacht im Rettungseinsatz. Roman Niederberger, dessen Vater vor kurzem im Krankenhaus verstarb, bedankte sich beim Kommandeur dafür, wie hilfreich der Einsatz von Sanitätssoldaten im Krankenhaus war. „Sie hatten wenigstens auch Zeit für Gespräche mit Schwerkranken.“
In und außerhalb der Jägerkaserne laufen zur Zeit eine Reihe größerer Baumaßnahmen, vieles ist noch in Planung. Die Standortschießanlage wird voraussichtlich erst 2023 in Betrieb gehen und damit eine nach außen fast geräuschfreie Schießausbildung für die Soldaten ermöglichen. In der Kaserne wird ein Kasernenblock zur Zeit renoviert, 2 Neubauten sind in Planung. Zwar sind länger dienende Soldaten ab dem 25. Lebensjahr nicht mehr kasernenpflichtig, aber auf dem Wohnungsmarkt gibt es kaum passende Angebote mit kleineren, bezahlbaren Wohnungen. Auf Nachfrage von Hans Metzenleitner bezifferte der Kommandeur den Bedarf mit rund 200 Soldaten, von denen aber wiederum etwa ein Drittel lieber in der Kaserne wohnen bleiben will. Klaus Gerlach stellte klar, dass Wohnraumbeschaffung heute leider keine Aufgabe der Bundeswehr mehr ist, das muss alles der Markt regeln. Eine mehr als traurige Lage, wenn man bedenkt, wie vorbildlich es in den 50er Jahren gelungen war mit Bundeskrediten und Zuschüssen für die gerade in die Kaserne eingezogenen Gebirgsjäger in schnellster Zeit Wohnsiedlungen in der Strub, in Winkl, der Engedey und später noch in der Stanggaß zu hochzuziehen.
Die Sportfördergruppe ist in der Jägerkaserne untergebracht, untersteht dem Kommandeur aber nur im besonderen Aufgabenbereich als Standortältester. Auf Nachfrage von Elisabeth Rasp räumte er ein, dass das Fehlen der Trainingsmöglichkeiten am Königssee für die Rodler und Bobfahrer der Sportfördergruppe schon eine organisatorische Herausforderung ist. Würde die Bob- und Rodelbahn künftig gar nicht mehr verfügbar sein, könnte das aus seiner Sicht langfristig durchaus auch Konsequenzen für den Bestand der Sportfördergruppe haben.